Wirtschaft
Kapitalismus oder eine menschen- und naturfreundliche Ökonomie
Claudia Nelgen
Die kapitalistische Produktionsweise, die sich im Zuge der industriellen Revolution durchsetzte und in der Gegenwart das weltbeherrschende Wirtschaftssystem ist, kann ohne Profit und Wachstum nicht existieren. Genau diese beiden Prinzipien verhindern indessen einen vernünftigen Umgang mit den Krisen im Anthropozän: Weder lassen sich Klimaziele umsetzen noch lässt sich die Natur so schonen, dass ihr die dringend notwendige Regeneration ermöglicht würde.
Wenn das Ziel eines Wirtschaftssystems die Versorgung der Menschen ist, so hat die kapitalistische Marktwirtschaft auch hier keine gute Bilanz aufzuweisen. Nur 17% der Menschen auf dem Globus leben in Wohlstandsländern, und auch in ihnen gibt es Armut (13,4 Millionen Deutsche leben derzeit unterhalb der Armutsgrenze). Grob 3% der Menschen in den armen Ländern geht es gut. Indessen: 80% der Weltbevölkerung darbt, und mehr als 12% davon hungert. 2 Milliarden, das ist ein Viertel der Menschheit, leidet unter Mangelernährung (https://www.welthungerhilfe.de/hunger/ )
Die Corona-Pandemie hat die prekäre Situation dieser Menschen noch einmal verschärft und gleichzeitig das Vermögen der Reichsten in einem Ausmaß und einer Geschwindigkeit vermehrt, die laut Oxfam beispiellos in der Geschichte ist (https://www.oxfam.de/system/files/documents/oxfam_factsheet_gewaltige_ungleichheit.pdf).
Insgesamt steht zu erwarten, dass es aufgrund der drastischen Folgen der Erderwärmung, der Tendenz des Kapitals zur Konzentration und der nationalistischen und geostrategischen Interessenverfolgung der Länder vermehrt zu Kriegen und kriegerischen Auseinandersetzungen kommen wird. Der Krieg in der Ukraine, begonnen von einer Weltmacht und mit dem Potential zu einem Weltkrieg, hat weitreichende Folgen für die bilateralen Beziehungen der maßgeblichen Mächte und markiert eventuell einen Kipppunkt darin.
Ist das Fluchtaufkommen durch die wirtschaftliche Benachteiligung ganzer Erdregionen und die Folgen der Erderwärmung ohnehin schon hoch, so wird es durch kriegerische Auseinandersetzungen noch einmal drastisch verstärkt, womit sich die ohnehin schon umfängliche Krisensituation auf dem Planeten weiter zuspitzt.
Die Ökonomie spielt bei alledem die entscheidende Rolle. Doch was tun?
Um einen tiefgreifenden Wandel herbeizuführen, bedarf es neuer Ideen und unkonventioneller Denkansätze.
Zwei davon werden hier vorgestellt; weitere sind willkommen.
Rolf Linn schlägt die Transformation der kapitalistischen Marktwirtschaft in eine ethische Marktwirtschaft vor. Die Gemeinwohl-Ökonomie als Alternative zum gegenwärtigen Wirtschaftsverständnis baut auf den Werten Menschenwürde, ökologische Verantwortung, Solidarität, soziale Gerechtigkeit, demokratische Mitbestimmung und Transparenz auf.
Rolf Linn: Gemeinwohl-Ökonomie
Dany Videncia vertritt die These, dass das Mensch-Natur-Mensch-Verhältnis nur über eine komplette Loslösung vom Kapitalismus gelingen kann und stellt das Projekt zu einem interaktiven und investigativen Simulationsspiel vor, mittels dessen die Entwicklung eines neuen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems gelingen soll.
Dany Videncia: Globale Alternative